Wenn dein Pferd "Nein" sagt
14.08.2019
Aufgesperrte Mäuler, ein schlagender Schweif, verdrehte Augen, seitliche oder sogar angelegte Ohren... Die Liste scheint schier endlos. Und doch wird jetzt jeder behaupten: Also mein Pferd macht das nicht. Ich mach das ganz anders und mein Pferd ist immer zu 100% dabei. Mein Pferd sagt nie Nein.
Wenn das tatsächlich so ist: Super! Du gehörst vermutlich zu den absoluten Einzelfällen und damit zur realen Elite der Pferdewelt. Wenn nicht: Auch gut! Das heißt, dass du noch an dir und vielleicht auch an deinem Pferd arbeiten musst. So oder so, hier meine Erfahrungen und Tipps, wenn dein Pferd mal Nein sagt.
Vorab eine ganz wichtige Sache:
Ignoriere dein Pferd nicht
Immer wieder sehe ich Leute, die ihr Pferd ganz bewusst ignorieren, sobald es Nein sagt. Dazu eine ganz kurze Story aus meinem Alltag am Stall.
Am Wochenende war ich auf dem Reiterhof, weil ich mein Pony gewaschen habe. In dieser Zeit wurde ein weiteres Pferd fertig gemacht, das eigentlich nie bewegt wird und ein Mal die Woche zum Kinderreiten eine Runde im Schritt durch den Wald dreht. Das Tier ist dadurch natürlich unausgelastet, was sich aber fast nur in übereifriger Motivation bei der Arbeit widerspiegelt.
Die Besitzerin dieses Pferdes war also gerade dabei, das Pferd zu satteln. Schon als sie den Sattel anhob, legte das Pferd die Ohren an und riss den Kopf hoch. Als der Sattel dann auf den Rücken gelegt wurde, folgte Schweifschlagen und Wegdrücken des Rückens. Die Besitzerin ließ sich nicht beirren, schimpfte sogar noch mit dem Pferd, dass ja immer so "zickig" war.
Sie nahm also den Sattelgurt und legte ihn an. Deutliche Abwehrsignale: Augen verdrehen, Tritte unter den Bauch und Schnappen nach der Besitzerin. Wieder schimpfen. Der Gurt wird festgezogen, das Pferd schnappt weiter mit angelegten Ohren nach der Besitzerin, welche noch mehr mit ihm meckert. Selbst als sie aufhört, steht das Pferd weiter mit angelegten Ohren und weggedrücktem Rücken da. Erst nach einigen Minuten gibt es auf.
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Das kannst du tun
Wenn ihr diese Geschichte jetzt lest, dann kommt sie euch vielleicht unwirklich vor, aber das ist so wirklich passiert. Und das längst nicht zum ersten Mal.
Sicher, das Pferd muss ja "gehorchen" und sich "benehmen", aber muss man wirklich so gegen das Pferd arbeiten und dabei sogar noch bestrafen, wenn es Nein sagt? Das ist weder gut fürs Pferd noch für die Bindung von Pferd und Reiter.
Also, ignoriert euer Pferd nicht. Es sagt nicht Nein, um euch zu ärgern, sondern weil es das nicht möchte. Weil es z.B. etwas stört. Der Sattel unpassend, die Bewegung schmerzhaft, ... Der beste Weg, mit einem Nein umzugehen: Akzeptanz.
Akzeptiert, dass euer Pferd das nicht tun möchte. Und dann, fragt immer wieder an und wenn es beispielsweise die Bewegung anbietet, dann lobt es dreimal so viel wie sonst. Dann verknüpft es das Getane mit etwas positivem. Achtung, das gilt nicht für Bewegungen, die eurem Pferd schaden! Diese solltet ihr natürlich so gut wie möglich vermeiden.
Und bei Sattel- oder Gurtzwang wie im Beispiel oben: Trainiert das. Sattel so lange annähern, bis sich das Pferd verspannt, anschließend warten in dieser Position bis es sich entspannt, dann den Sattel wieder weg bringen. Nach einigen Wiederholungen wird euer Pferd beim Satteln ganz entspannt sein.
Noch einmal: Euer Pferd sagt nicht einfach so Nein. Und wenn es merkt, dass es Nein sagen darf, dann wird es vielleicht erstmal zu allem Nein sagen. Und auch das ist okay! Es wird auch von allein beruhigen, und dann werdet ihr beide mehr Freude am Arbeiten haben, weil dein Pferd weiß, dass es Nein sagen kann, und du dich nicht mehr aufregst, wenn etwas nicht klappt.
Höre auf dein Pferd.
In diesem Sinne bis zum nächsten Mal, eure Toni :)
Kategorien: Pferdegerecht | Schlagworte: Trainingsimpulse